Was Betroffene sagen

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Erste Mail.

Ich finde es ganz nützlich, dass Sie diese Seite eingerichtet haben – und ich finde es gut, dass Sie auch zum Erzählen positiver Erfahrungen aufrufen!

Ich habe schon vor ein paar Tagen unter einem Ihrer Beiträge kommentiert und möchte nun die Gelegenheit nutzen, mich wieder zu Wort zu melden.

Ich bin 2007 nach fast einem Jahrzehnt aus dem PBS ausgetreten, ich habe meine gesamte Jugendzeit bei diesem Pfadfinderbund verbracht und bezeichne diese Zeit gerne noch als prägendste Phase meines Lebens. Und das größtenteils positiv.

Zunächst einmal zum Negativen:Einer der Gründe warum ich ausgetreten bin war der Druck, mein Leben voll und ganz der Pfadfinderei zu widmen. Ein paar Personen hießen es nicht gut, wenn ich ein Wochenende einmal daheim und nicht bei Bastelarbeiten verbrinden wollte, die zufällig stattfanden. Das betraf damals allerdings nicht meinen Gruppenleiter – er war hier sehr liberal, von ihm ging der Druck nicht aus. Mit ihm hatten Sie, Herr Rupp, schon Kontakt, auch wenn Sie das nicht wissen.

Das ist eigentlich schon das einzige wirklich negative, das mir in Erinnerung geblieben ist, und das ja auch schon in den 90ern Thema war. Einige Leute des PBS können SEHR vereinnahmend, sogar besitzergreifend sein – was ich nicht gut finde.Motivation dieses vereinnahmenden Verhaltens ist die Einstellung “Die Gruppe muss zusammenhalten, eine Gruppe kann nur zusammenfinden, wenn man sich auch wirklich oft sieht”. Das daraus resultierende Verhalten ist manchmal ein bisschen arg übertrieben.

Aber das ist keinesfalls exemplarisch. Es gibt sehr viele, vor allem junge Gruppenleiter, die eine andere Einstellung haben. Genauso wenig exemplarisch ist das Verhalten bzgl der Flyer. Nicht alle handhaben diese Werbeaktion derartig.Und das sage ich, obwohl ich mit 10 am Eingang meiner Grundschule einen gelben Zettel in die Hand gedrückt bekommen habe, einen Zettel wo drauf stand was die Pfadfinder machen und wann sie sich wo treffen. Meine Eltern haben mich zur ersten Gruppenstunde begleitet und ein bisschen geguckt wie es abläuft und mir hat es gefallen, ich wollte bleiben. Ich wurde also auch durch eine solche Flyeraktion angeworben – aber ich war zehn Jahre als, unter sieben Jahre empfinde ich als zu jung, da stimme ich Ihnen zu. Aber wie gesagt: keinesfalls exemplarisch. Der PBS sollte trotzdem von derlei Aktionen absehen und die Eltern ansprechen.

Ein weiteres von anderen als Kritikpunkt bezeichnetes Thema ist das Duschen…nun ja. In der heutigen Gesellschaft voller Pädophilie und Vergewaltigungen ist es ein sehr, sehr schwieriges Thema. Ich habe gelesen, dass der PBS das gemeinsame Duschen als “völkisch” bezeichnet hat…und da stimme ich zu, und bin mir aber darüber im Klaren, dass das nicht wirklich jeder Mensch nachvollziehen kann.Mein damaliger Sippenleiter (eben derjenige von dem ich es oben schon hatte, ein guter Typ mit dem sie unwissentlich schon Kontakt hatten) hatte mit meinen Eltern ein Gespräch und hat vom Lagerleben, vom Pfadfindern erzählt. Das Gespräch handelte auch vom gemeinsamen Duschen, meine Eltern konnten sämtliche Fragen stellen und mein Sippenleiter hat freundlich geantwortet. Ich saß auf der Treppe und hab gelauscht (es war eigentlich schon Schlafenszeit). Auch mit mir wurde dann beim ersten Wochenendlager geredet und ich konnte mich dann auch entscheiden ob ich im Badeanzug duschen möchte oder nicht. Ein bisschen Gruppenzwang war da, das gebe ich zu – aber dieses gemeinsame Duschen wird IMMER als das schlimmste überhaupt dargestellt, was meiner Meinung nach Nacktsein, vor allem gemeinsames, platonisches Nacktseinn zu einem Tabuthema macht. Das tut unserer Gesellschaft nicht gut. Mir ist in den vielen Jahren des gemeinsamen Duschens NIE etwas aufgefallen während des Duschens, und ich habe sehr wohl darauf geachtet, da ich in nahem Umkreis Überlebende von sexuellen Übergriffen hatte. Ich bin dafür sensibilisiert und war sehr vorsichtig, aber mir ist niemals aufgefallen, dass dieses gemeinsame Duschen in irgendeiner Weise sexualisiert oder perversiert wurde. Es war, einfach ausgedrückt, einfach nur ein nebeneinanderstehen und duschen, oft in größeren Abständen, da Wiese und viel Platz. Trotzdem kann ich verstehen, dass Erziehungsberechtigte sich da Sorgen machen. Man erkennt den “Feind” oft nicht und will sein Kind nicht potentiellen Gefahren aussetzen. Aber nichtsdestotrotz rate ich davon ab, dieses gemeinsame Duschen zu einem derartigen Tabu hochzupushen, es ist nichts anderes als das, was viele Völker tun die der Natur noch sehr viel näher sind als wir.

Das einnehmende Verhalten, die Flyeraktion und das gemeinsame Duschen, dazu habe ich mich nun geäußert.

Ein weiterer Punkt ist dieses aggressive-defensive Haltung die der PBS einnimmt, sobald er kritisiert wird…das kann ich einerseits nicht nachvollziehen, denn ich kenne diese Leute als friedliebende Menschen, welche konstruktive Kritik unterstützen. Andererseits stoßen diese Personen, mit denen Sie am meisten zu tun haben (Dieter Sch.) auch innerhalb des PBS auf Kritik (!!! Denn diese Personen sind nicht exemplarisch !!!) und dort können sie es genauso wenig verkraften. Zu diesem Punkt kann ich garnicht so viel sagen, aber ich kann versuchen, es aus meiner eigenen Erfahrung erhaus zu beurteilen:Den PBS und meine Zeit dort zu beschreiben stellts sich früher oder später als schwierig heraus. Nachdem früher immer erstmal über den Begriff Pfadfinder gelacht wurde, wird man als Sektengängerin bezeichnet. Der PBS wurde schon so oft als Sekte bezeichnet, es wundert mich garnicht wenn der PBS dieses Vorwurfs schon müde ist. Und dann ist da natürlich der Vorwurf braun zu sein. Der PBS sei durch und durch nationalsozialistisch, sagen Leute. Nein. Ist er nicht. Der Nationalsozialismus hat sich Wertvorstellungen geschnappt und sie in die Rassenlehre gepackt. Abscheulich. Dass der PBS (und übrigens andere Pfadfinderbünde auch) den Wert “Treue” hoch loben und fördern (in welcher Interpretation auch immer, bleibt jedem selbst überlassen) hat nix mit den NS zu tun, obwohl diese “Treue” in ihrer Ideologie gebraucht haben. Treue ist doch aber ein menschlicher Wert. Ebenso wie Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt, Durchhaltevermögen usw usf. Ob man das gemeinsame Flagge-hissen gutheißen will oder nicht, das bleibt jeder Person selbst überlassen – ABER ich möchte betonen dass schon vor der Hitlerjugend und vor dem Nationalsozialismus die Flagge gehisst wurde. Ich bin nicht besonders patriotisch und könnte auf die deutsche Flagge am Fahnenmast durchaus verzichten, aber ein kleines bisschen Stolz darauf, dass man ein und derselben Gruppe angehört (deren Flagge gerade gehisst wird, beispielsweise Stamm Wapiti oder Stamm Cherusker), da ist doch nichts falsch dran.

Ich weiß nicht so recht worauf ich mit meinem Kommentar hinaus wollte…ich schätze ich wollte Sie nur an meinen Gedanken teilhaben lassen…

Bei all diesem Chaos und all diesem “Krieg” zwischen Ihnen und dem PBS vergessen Sie vielleicht, dass es kleine und vielleicht auch große Grüppchen in irgendwelchen kleinen Vororten gibt, die dem PBS angehören aber nichts von irgendeiner braunen, pädophilen, gefährlichen Sekte mitbekommen, da das, was SIE mitbekommen KEINESFALLS repräsentativ für das ist, was den PBS ausmacht, nämlich die Pfadfindergruppen, die einfach nur Abenteuer erleben und Dinge lernen wollen.

Ich habe in der Zeit in der ich beim PBS war gelernt, mich selbst zu akzeptieren wie ich bin – denn dort wurde ich akzeptiert wie ich bin. Ich habe gelernt auf meine Stärken zu vertrauen, denn dort wurden sie gefördert. Ich habe um ein Lagerfeuer gesessen mit Freunden und gesungen (ein Gefühl, nach dem ich mich sehne und seitdem nie wieder so rekreiiren konnte), ich habe Waldläuferzeichen, Morsen und Knoten gelernt, ich habe durch die Pfadfindergesetze (oh nein, wieder so ein schlimmes Wort! Dabei sind es einfach nur Wertvorstellungen..”Der Pfadfinder hilft Pflanzen und Tieren”) an welchen Werten man sich orientieren kann, ich habe Selbstbewusstsein erhalten durch das Absolvieren von Tüchtigkeitsproben (Funker, Sportler, Künstler) und ich habe gelernt, dass das Infragestellen von Sachen wichtig ist (wir hatten immer wieder Gesprachsrunden und haben Liedertexte besprochen, Romane interpretiert, Fragerunden veranstaltet…).

Ich bin eine selbstreflexive Frau (kein Brainwash-Opfer wohlgemerkt) die immer gerne an die Zeit damals zurückdenkt und sowohl die Schwächen als auch die Stärken des PBS anerkennt. Einer der Gründe meines Austritts habe ich ja oben schon erklärt, ein anderer war das Stattfinden meines Schulabschlusses mit folgendem Umzug und Studiumsstart, und anderer persönlichen Dinge. Ich habe lange dieser Zeit nachgeweint.

Ich bitte Sie, besuchen Sie einmal auf friedlicher Basis ein Lager, schauen Sie es sich an und seien Sie offen für SOWOHL negatives ALS AUCH positives. Wenn Sie auf Leute stoßen, die Sie da nicht haben wollen, dann aus Angst dass Sie den PBS aus der Welt schaffen wollen, und am PBS hängen sehr viele mehr Menschen als nur Dieter, auf den man meiner Meinung nach getrost verzichten könnte (ich wäre imstande mindestens 5 Leute zu nennen, die seinen Posten besser machen könnten).

Ich weiß nicht, ob ich mich alles in allem sinnvoll und verständlich ausgedrückt habe, es ist schwierig das alles einer Person ‘von außen’ zu erklären (oh ich höre wieder Vorwürfe, der PBS sei eine Sekte -jede Gruppe seitlich des Mainstreams mit eigenem Code und eigenen Symbolen kann als Sekte bezeichnet werden, besser ist jedoch der Begriff Subkultur!).

Falls Sie etwas von meinem Kommentar als brauchbar erachten, so dürfen Sie das gerne veröffentlichen. Allerdings bitte nur unter folgenden Umständen:- Bitte veröffentlichen Sie nicht meine E-Mail-Adresse- Bitte veröffentlichen Sie nicht NUR positives Beschreiben meinerseits, oder NUR negatives Beschreiben meinerseits -> Balance ist wichtig. Der PBS macht Fehler, er besteht aus Menschen, was dementsprechend auch heißt dass er tolles zu bieten hat. Ich möchte nicht wie eine wütende Kritikerin rüberkommen, noch wie ein Opfer von Brainwashing.-Verändern sie nichts, auch keine Tippfehler. Die gehören mir allein.

Zweite Mail

Mein Erfahrungsbericht:

Unser Sohn (heute 9 Jahre alt) offenbarte uns Anfang dieses Jahres, dass er (nach ca. eineinhalbjähriger Mitgliedschaft bei den Goten) nicht mehr zu den Pfadfindern gehen wolle. Als Grund gab er an, dass er einfach keine Lust mehr habe, und sich dort auch nicht mehr besonders wohl fühle. Meine Frau und ich haben auch gar nicht weiter auf eine Mitgliedschaft insistiert.

Aber auch schon ins Winterlager 2013 wollte er nicht mehr mit. Auf unsere harmlose Frage nach dem Grund, teilte er uns plötzlich unter Tränen(!) mit, dass er die zwei Wochen Weihnachtsferien lieber mit uns verbringen wolle, dass er ansonsten so wenig Zeit in den Ferien mit uns haben würde. Wenn er uns im nächsten Moment angefleht hätte, ihn bitte NICHT wegzuschicken, hätte mich das nicht mehr gewundert. Aber soweit haben wir es auch nicht kommen lassen, und haben das Thema Winterlager sofort abgehakt.
Eigentlich hätten wir damals schon hellhörig werden müssen.

Nachdem ich gestern Jürgen’s und Jörg’s Blogs gelesen habe, habe ich unseren Sohn gestern Abend beiseite genommen und ihn ein weiteres Mal interviewt, wie es denn damals im Sommerlager gewesen wäre. Er bestätigte Jürgen’s Erfahrungsbericht in vollem Umfang, ohne dass ich ihm großartig Details in den Mund legen musste. Besonders befremdlich für meine Frau und mich war, als er uns ebenfalls bestätigte, dass die Gruppenleiter (oder Meutenführer oder wie immer die erwachsenen Aufsichtspersonen sich schimpfen mögen) bei der Wasserschlacht im Sommerlager 2013 tatsächlich ebenfalls nackt durch die Gegend gerannt seien, zusammen mit den nackten Jungs und nackten Mädchen, was zumindest unserem Sohn sehr unangenehm gewesen sei. Verständlicherweise! Ich kann mir auch was Schöneres vorstellen, als den in die Jahre gekommenen Meutenführer nackt herumalbern zu sehen! (Danke, dieses Bild krieg ich jetzt ne Weile nicht mehr aus dem Kopf!)

Die Kinder hätten auch nicht wirklich eine Wahl gehabt und hätten sich ihrer Kleidung entledigen MÜSSEN. Und allerspätestens hier sind unserer Meinung nach Grenzen überschritten worden, die andernorts Anlass genug gewesen wären für weitergehende Ermittlungen der zuständigen Behörden. So etwas hat unserer Meinung nach nichts, aber auch GAR NICHTS mit dem Erlernen gemeinschaftlichen Verantwortungs- und Zugehörigkeitsdenken zu tun!
Schon bei unserem Besuch im Sommerlager mussten wir (meine Frau und ich) uns über die Verhältnisse der sanitären Einrichtung wundern. Unser Sohn hat mir gestern Abend weitererzählt, dass die Kinder auch nach der Abreise der Eltern die beiden durch Vorhänge getrennten Toiletten NICHT benutzen durften.
Offensichtlich sollen den Kindern beim Pfadfinderbund-Sued – Stamm Goten – jegliches angeborenes Schamgefühl aberzogen werden und die elterliche Erziehung konterkariert werden.
Dass sich mein Kind über seine Nacktheit nicht zu schämen braucht, bringen wir als Elterm ihm schon selbst bei. Was wir ihm definitiv NICHT beibringen möchten ist, nackt in der Öffentlichkeit herumzutanzen, im Sinne von FKK-Kommunen oder um die 68er-Bewegung wieder auferstehen zu lassen.

Welche Gesinnung die Verantwortlichen auch immer treiben mag, sie gehen in der Wahl ihrer Mittel und in der Umsetzung deutlich zu weit!

Wenn ich an den Moment des Abschieds von unserem Sohn denke (am Ende des Elternbesuchstags beim Sommerlager 2013), und mich daran zurückerinnere, wie tapfer er seine Tränen zurückgehalten hat als wir gingen, tut mir das in der Seele heute noch weh. Zumal ich jetzt weiß, dass ihn damals weit mehr belastet haben muss, als nur einfach getrennt von seinen Eltern zu sein.

Falls unser Kind Anfang dieses Jahres nicht schon freiwillig ausgestiegen wäre, hätten wir ihn jetzt sofort aus diesem Verein (mit seinen mehr als fragwürdigen Erziehungsmethoden) rausgenommen!

Ich werde mir nun Gedanken machen müssen, wie weit und mit welchen Mitteln ich dem Meutenführer meine Meinung geigen kann, auch wenn das nichts bewirken wird.

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